Schreiben wie blöd - FAZ.net auf Bauernfang

zirkus schlechten GeschmacksAm Sonntag, dem 10. Oktober 2010, saß der US-amerikanische Soul- und Rhythm-and-Blues-Sänger Solomon Burke in einem Flugzeug aus Los Angeles mit Ziel Amsterdam. Während der Landung auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol verstarb er an einem Herzanfall.

Nachdem der flämische Musiksender Studio Brussel den tragischen Todesfall zeitnah gemeldet hatte, sang Solomon Burke den von ihm komponierten Titel „Everybody Needs Somebody to Love“, eine beachtliche Leistung für einen Toten. Er wird wohl noch nicht ganz kalt gewesen sein.

Weil die Medien über gottgleiche Fähigkeiten verfügen, weil sie über den Tod hinaus jeden noch einmal auf die Bühne zerren können sooft sie wollen, wunderte ich mich kaum, als ich im Blog von Mimiotschka die Titelzeile las: „Kafka schreibt bei BILD“. Irgendwie werden die Halunken ihn reanimiert haben, dachte ich, haben ihm Blatt und Feder in die Hand gedrückt, und schon brachte der fügsame Franz seine kafkaesken Sätze zu Papier. Es war aber anders. Mimiotschka hatte einen Text aus BILD von einem Programm testen lassen, das man bei Faz.net finden kann. Faz.net wirbt:
„Ich schreibe wie … Franz Kafka? Oder eher wie Ildiko von Kürthy, Ingeborg Bachmann, Maxim Biller? Oder schreibe ich wie Goethe? Wenn Sie wissen wollen, ob Sie Stil haben und wenn ja: welchen - dann gibt es jetzt endlich eine absolut sichere und unbestechliche Messmethode. (…)“
Mit dieser absolut sicheren und unbestechlichen Messmethode hat das Testprogramm also Franz Kafkas würdige Nachfolger gefunden: die verschmockten BILD-Schreiberknechte. Bei einem Test, den der Kollege Noemix anschließend mit Schillers „Lied von der Glocke“ machte, kam an den Tag, die Ballade stammt eigentlich von Goethe.

Was haben sich die Redakteure von Faz.net dabei gedacht, ein derart lachhaftes Tool bereitzustellen? Sie rechnen mit der Eitelkeit der Internetnutzer, und ein Blick in die Blogosphäre zeigt, dass dieser Test sich großer Beliebtheit erfreut. Blogger vermelden, sie würden wie Rainald Goetz schreiben, wie Nietzsche, Charlotte Roche oder wie der unsägliche Maxim Biller. Mal abgesehen davon, dass dieses Programm nicht kann, was FAZ.net vollmundig verspricht, seit wann ist ein nachgemachter Schreibstil ein Qualitätsmerkmal? Offenbar handelt es sich um eine versteckte Werbeaktion für den Buchhandel, denn wer erfahren hat, in wessen Stil er angeblich schreibt, wird auf die entsprechenden Buchrezensionen in der FAZ hingewiesen. So geht Qualitätsjournalismus.

Das Testprogramm ist eine Adaption des englischen "I Write Like" von Coding Robots und stammt in der deutschen Fassung von Scribando, einem Literatur-Marketingunternehmen mit Sitz in Wien. Scribando preist seine Leistungen an mit den ulkigen Worten: „Kung Fu für eine neue Schriftstellergeneration“. Kung Fu beim Schreiben? Wie geht das? Muss man einen Stapel Dachziegel mit dem Kopf zerdeppern, um Mitglied dieser neuen Schriftstellergeneration zu werden? Ich wollte deren Hirnriss nicht lesen.

Abgelegt unter: Zirkus des schlechten Geschmacks

Ich schreibe wie Rainald Goetz an den Presserat
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Was haben Sie letzte Nacht geträumt, Trithemius?

Trittenheim-Traumtagebuch

Fotos und Gifgrafik der Traumsequenz: Trithemius
Szenenbild der Sitzung nach einer Vorlage von Eugene Faust
Musik: Martin Kratochwil


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Wundersame Sprechstunde bei Frau Doktor Faust

In letzter Zeit, die Besucher des Teppichhauses werden es bemerkt haben, sind die Angebote im Laden ein wenig einseitig. Lange Teppiche, deren Muster nur Buchstaben aufweisen. Ich weiß auch nicht, woran es liegt. Gestern nun, da habe ich der Frau Doktor mein Leid geklagt, worauf sie mir gleich einen Termin einräumte, denn sie sah wohl, dass die Sache keinen Aufschub verträgt. Wie die erste Sitzung verlief, ist bei Frau Doktor Eugene Faust im Kommentarteil dokumentiert. Aber sie wird noch ein bisschen an mir rumtherapieren müssen, wie das tragische Dokument der Fortsetzung zeigt:

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(Szenenbild: Eugene Faust - Gif, Fortsetzung: Trithemius)
Abgelegt unter: Mein surrealer Alltag
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Gastautor Careca trinkt für zehn Euro Bier


Im Dienste der Ethnologie habe ich schon manches gewagt, sogar eine Bratwurst mit dicker, knubbeliger Soße gegessen, die mir auf einem rheinischen Gutshof angeboten wurde. Mein Magen wunderte sich tagelang, denn er ist seit Jahrzehnten nur vegetarische Kost gewöhnt. Aber es gibt auch Sitten und Gebräuche, die zu studieren ich meinem zarten Gemüt nicht antun möchte, zum Beispiel das Münchener Oktoberfest zu besuchen. Blogfreund Careca hat das gemacht. Er ist ziemlich abgehärtet, denn er lebt seit einiger Zeit unter Bayern. Was er nebenher über Bier erzählt, ist vielleicht hart an der Wirklichkeit, könnte aber auch ein bisschen erdichtet sein. Das macht jedoch nichts, denn die Ethnologie ist eine erzählende Wissenschaft. Viel Vergnügen beim Lesen!


Über Sicherheitskonzepte, Keferloher und Bierrezepte
von CARECA


»Erst wenn das letzte Holzfass von der Schänke weggerollt, der letzte Bierkrug zur Neige geht, der letzte Schluck geschluckt ist, werdet ihr merken, dass das Oktoberfest längst gelaufen ist.«

Aschfahl saßen sie mir gegenüber. Fleischgewordene Klischee-Bayern. Mit weiß-gelblichem Rauschebart, tiefen Fältchen um die Augenwinkeln, buschig schwarze Augenbrauen im Stile eines Theo Waigels, bayrischem Hut, darauf buschiger Gamsbart und grüne Joppe, eine dieser Jacken aus dickem Wollstoff. Ja, ich musste eine der seltenen Spezies der Bayern vor mir haben. Sie waren in Gesprächen vertieft, die ich nicht verstand. Ihr bayrischer Dialekt war mir zu unverständlich. Der Biergarten war überfüllt, und in den Gängen um die Biertische kreisten die Suchenden nach freien Plätzen. Denn ohne Sitzplatz gibt es auch kein Bier.

Aufgrund des 200-Jahr-Jubiläums des Oktoberfestes gibt es zusätzlich zu der normalen »Wiesn« dieses Jahr erstmals ein »Historische Wiesn«. In einem abgetrennten Bereich der Theresienwiese wurde versucht, den Besuchern für 4 Euro Eintritt die alte, bayrische Tradition des Kirmes-Feierns nahe zu bringen. Seien es nun alte Lanz Bulldogs aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts oder alte Kirmesorgeln oder ein Streichelzoo mit bayrischen Viechern, deren »Muh«, »Bäääh« oder »Iah« sich auch nicht bayrischer oder antiquierter anhörten als das derer tierischer Kollegen aus Hamburg. Ebenso neuzeitlich schmeckten dann auch die Pferdewürstchen, die gebratenen Flugadler und die gesalzenen Brotstangen.

Freilich gab es mehr als nur Brot, es gab auch Spiele. Und hier sind die Bayern so erfinderisch wie die Briten beim »Royal Military Tattoo«. Bei jenem Militärspektakel auf der britischen Insel in Edinburgh marschieren schmuck rausgeputzte Militärköpp zu Blasmusik in Formation permanent im Kreise. Und was die Organisatoren in Edinburgh können, das können Bayern allemal. Niemand solle behaupten, aus der Städtepartnerschaft zwischen München und Edingburgh seien keine Früchte erwachsen. In einer Arena mit Tribüne formierten sich bayrische Trachtenvereine mit dem für Bayern üblichen Wichs und Waffenarsenal. Wie in Edinburgh marschierten die bayrischen Trachtenverein-Angehörige in eintönigen Formationen zur einheimischen Blasmusik und zogen im Sande der Arena unter den Augen der Zuschauer ihre Kreise. Entweder hielten die sich dabei an den Händchen oder sie nutzen stattdessen Tannengrün-Kranzbögen, welche normalerweise in der Adventszeit in den Kirchen hängen. Und zu guter Letzt durften die Männer in ihren Trachten auch noch mit ihren Waffen gemeinsam in die Luft ballern.

Das Letztere verwunderte mich dann doch schon ein wenig. Offenbar hat das Anti-Terror-Konzept der Polizei nicht gegriffen. Statt des befürchteten Talibans hatten es bayrische Trachtler geschafft, ihre Waffen an den Kontrollposten der Polizei vorbei zu schmuggeln. Während der Otto-Normal-Michel für jede gesonderte Tasche eine Rechtfertigung inklusive Durchsucherlaubnis den Polizeibeamten geben muss, während jeder Kinderwagen auf dem Oktoberfest kritisch auf den Inhalt überprüft wurde, so hatten es die bayrischen Trachtenjungs wohl verdammt einfach. Ursache wird hierbei wohl die Trachtenfarbe gewesen sein. Denn die ist genauso grün wie die der Polizei. Denn allein der Grund, dass Sport- und Trachtenschützen verantwortungsvoller mit ihren Waffen umgehen würden, kann nach dem letzten Amoklauf einer Rechtsanwältin nicht mehr als Rechtfertigung dienen.

Schon vor 1980 meinte die bayrische Polizei, dass selbst Neonazis mit Waffen auf Straßen üben dürften (s.a. die damalige bayrische »Wehrsportgruppe Hoffmann«), denn die würden ihre Waffen verantwortungsvoll verwenden. Als dann die »Wehrsportgruppe Hoffmann« verfassungsrechtlich verboten wurde und als dann später am 26. September 1980 die Toten vom Oktoberfest wegtransportiert werden mussten, wurde das Attentat als Einzeltat eines Einzelmitglieds der »Wehrsportgruppe Hoffmann« abgetan, also von jemanden, der wohl offensichtlich nicht so verantwortungsvoll mit seinem Sprengstoffarsenal umgegangen sein musste. Einzelfall. Und unpolitisch. Fall abgeschlossen.

Nun, die Polizei hat Betonpoller an den Eingängen der Theresienwiese aufgestellt. Sollte – so wurde im Vorfeld des Oktoberfestes erklärt – sich ein Terrorist mit einem Fahrzeug in die Luft sprengen, so würden diese 2-Meter hohen Poller die Folgen der Explosion mindern. Warum die Poller allerdings bevorzugt auf den Fußgängerwegen stehen, der Straße aber eine zweieinhalb Meter breite Durchfahrt lassen, … klar, wegen der Rettungswagen … . Es brauchte mir nicht erklärt zu werden, ich hatte es schon verstanden: Terroristen fahren nun mal meistens unter Verstoß der StVO über Fußgängerwege in die Menschenmenge. Das ist so deren Natur.

Die Sicherheitsmaßnahmen auf dem diesjährigen Oktoberfest haben etwas Eugenspiegelartiges. So wie an den Flughäfen dieser Welt: Befindet sich eine kleine Nagelhautschere und Nagelfeile im Handgepäck, dann werden diese an den Überwachungsschleusen unter bösen, dunklen Blicken von dem Sicherheitspersonal einkassiert. Und hatte er eine Flasche Wasser dabei? Pech gehabt, die wird ihm abgenommen. Aber in den Fliegern im Bereich der Business-Class oder der First-Class erhält der Passagier als Ersatz Besteck aus gutem rostfreien Solinger Stahl. Und im Handgepäck hat der Passagier eine 45%ige Sambuca-Flasche aus dem Duty-Free-Shop. Das darf er. Denn dafür hat er bezahlt. Auch für die Terrorabwehr. Im Dienste der Terrorabwehr.

Doch zurück zu dem Biergarten auf der »Historischen Wiesn«, dort wo ich auf eine Kellnerin mit einem vollen Maßkrug mit dem Wiesn-Spezialbier wartete. Jenes wurde speziell für das Gebiet der »Historische Wiesn« nach einem 200 Jahre alten Rezept gebraut und nur dort ausgeschenkt. In Steinkrügen. Oder wie der bayrische Experte zu sagen pflegt: »Keferloher«.

»Keferloher« heißen die Steinkrüge nicht etwa, weil die Bayern dumme Preußenjungs wie mich verwirren wollen. Nein, die Steinkrüge haben ihren Namen als Ergebnis eines Krieges in Bayern gegen die Ungarn erhalten. Auf dem Lechfeld bei Augsburg führten acht Heerhaufen im Jahre 955 eine entscheidende Schlacht gegen die Ungarn.
Kleine Anekdote am Rande der Schlacht: der tapfere Graf Heinrich von Bayern (ein Vorläufer des in Bayern so beliebten Selbstmörders »Kini«) hatte sich von seinem Leibarzt für die Schlacht kampfunfähig schreiben lassen und ließ seine drei bayrischen Heerhaufen allein in die Schlacht ziehen.
Die Schlacht wurde für den Ostfränkische König und König Italiens »Otto I., der Große« ein großer Erfolg und für die Ungarn ein blutiges Fanal. Nur hatte »Otto I, der Große« kein Geld um seine Soldaten zu bezahlen, so dass er den Soldaten die Pferde der Ungarn als Beute überließ. Die Soldaten sind darauf gen Keferlohe gezogen und haben die Pferde auf dem dortigen Keferloher Markt verkauft. Die Keferloher Wirte hatten schnell geschaltet und über Nacht Steinkrüge brennen lassen, um ihr Bier darin zu verkaufen. Der Vorteil war klar: die Krüge waren schnell herstellbar und die Soldaten konnten vor lauter Schaum nicht feststellen, wie viel Bier sich wirklich in den Krügen befand. Die »Keferloher«-Steinkrüge stellen also die auch in unserer heutigen Zeit bekannte wirksame Maßnahme dar, das aus eigenen Verkäufen erzielte Geld effizient in die andere Tasche umzuleiten.

Ich wartete also noch immer auf einen mit Schaum und Bier gefüllten »Keferloher«, der Inhalt gemäß einem Rezept aus dem Jahre 1810. Und dann nach zehn Minuten tauchte auch eine Kellnerin auf, und ich war um zehn Euro erleichtert. Nein, das Bier kostete nur 8,80 Euro, keine zehn Euro. Aber die Kellnerin meinte, ich sei großzügig und der Rest der 10 Euro sei ihr Trinkgeld. Bevor ich Protest erheben konnte, war sie weg und ich verzichtete, hinterher zu sprinten. Hatte ich doch schon recht lange auf meinem freien Platz warten müssen, und so etwas gibt niemand wegen ein Euro zwanzig auf.

Zudem handelte es sich ja nicht um irgendein Bier. Denn gebraut wurde das Bier als obergäriges Bier, genau wie die anderen Münchner Biersorten auch. Und so setzte ich an zu einem Schluck in die Vergangenheit, zum Schlucken dieses 200 Jahre alten biergewordenen Rezepts. Kaum hatte ich den ersten Schluck genommen, verspürte ich den Drang, mir noch eine Flasche Malzbier dazu zu bestellen. Alter Jugendinstinkt. Denn Alt-Bier aus Düsseldorf hatte ich auch schon immer schon nur als "Alt-Bier mit Schuss" getrunken. An nichts anderes erinnerte mich jenes Bier der »Historischen Wiesn«. Ein Blick unter den zentimeterhohen Schaum bestätigte meinen Eindruck: Dunkel gemalztes Bier tummelte sich in dem »Keferloher«. Na denn, prost.

Für mich steht fest: Die Bayern haben ihr Bierbrauen von den obergärigen Verhältnissen des Rheinlands gelernt. Damals, als der Haßprediger Peter von Amiens, volkstümlich »Kukupeter« genannt, um 1100 herum beim Kinderkreuzzug auf dem Weg von Köln nach Jerusalem nördlich an einer ausgedehnten Kies- und Schottergrube vorbei kam, muss er dem dortigen bajuwarischen Bischof von Freising bei Oberföhring das Rezept für Alt-Bier aus Düsseldorf da gelassen haben. Wahrscheinlich als Wegezoll, um über die damalige Brücke mit seinen Kindern die Isar zu überqueren. Ergebnis dieser Rezept-Schenkung war denn wohl auch, dass die Siedlung in jener Isar-Kiesgrube zum ersten Mal 1158 urkundlich als Siedlung »München« erwähnt wurde.

Die Bayern haben dann aufgehört Wein anzubauen und sind fleißig zum Bierbrauen übergegangen. Als dann aber die ersten bayrischen Pilger im 19. Jahrhundert von der Dreikönigenschrein-Pilgerei aus Köln zurückkehrten und davon berichteten, wie die Kölner denn nun wirklich echtes obergäriges Bier herstellen würden, da haben die Bayern angefangen, deren Rezepte zu modifizieren. Ergebnis waren die jetzigen uns bekannten Münchner Biere. Die ersten lebenden, menschlichen Versuchskarnickel für das neu kreierte Bier sollten dann in einem geheimen Feldversuch eben jenem neu modifizierten Rezept ausgesetzt werden. Das muss wohl so vor 100 bis 120 Jahren gewesen sein, und seit dem ist das Oktoberfest zu dem Bierfest geworden, wie es jetzt bekannt ist.

Und noch etwas haben die Bayern den Kölner von deren kölscher Feierkultur abgekupfert. Aber das hatte ich ja bereits geschrieben: Der Grund sich zu verkleiden, um auch mal wieder Sex zu haben. Das wird dann wohl auch die bayrische Triebfeder für den Drang zur bayrischen Trachtenfolklore mit Hut, Gamsbart und Joppe sein. Die urtypische, bayrische Tracht der Männer.

Und spezielle Erwähnung findet dann auch noch diejenige Tracht, die daraus für Preußen abgeleitet wird, sollten die in bayrischen Revieren rumwildern: die Tracht Prügel.

Prost und bis zum nächsten Oktoberfest.

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Das Gesicht des Büttels - Mein surrealer Alltag (20)

Es ist schrecklich, auf den Gerichtsbüttel zu warten. Er ist schon unterwegs, und obwohl draußen die Sonne lacht, wirft diese Ahnung einen Schatten auf mich und verdunkelt mein Gemüt. Ist dieser schreckliche Mensch noch am anderen Ende der Stadt oder richtet er seine mitleidslosen Augen schon auf meinen unglücklichen Nachbarn, derweil er ihm die Daumenschraube fester zieht, um zu sehen, was aus ihm herauszuquetschen ist? Diese Gerichtsbüttelhand, die jederzeit bereit ist, Schreckliches zu tun, vielleicht schwebt sie bereits über meiner Klingel und wird sie, wenn nicht in dieser Sekunde, dann in der nächsten lang und anhalten pressen.

Ich weiß nicht, wo ich mich lassen soll, denn egal wo ich bin, entrinnen werde ich nicht. Eine Weile bin ich hin und her gegangen, habe sogar gewagt, aus dem Fenster zu schauen. Da sah ich eine gut gekleidete Frau, die ihre blonden Haare sorgfältig zu einem Zopf geflochten hatte, eine durchaus angenehme Erscheinung, hätte sie nicht einen kleinen gescheckten Hund an der Leine gehabt und ihm aufmerksam zugeschaut, wie er seine Notdurft im Eingang des Kinderspielplatzes verrichtete, danach mit seinen stummeligen Hinterbeinen scharrte, so dass Erde und kleine Blätter aufstoben. Da hoffte ich, just in diesem Moment würde der Gerichtsbüttel um die Ecke biegen und „Eingehalten!“ donnern, den leer geschissenen Hund noch im Scharren ergreifen und mitsamt seiner zuckenden Beinchen in die schwarze, lederne Gerichtsbütteltasche quetschen. Und sie stockstarr und stumm vor Entsetzen, sie würde er mit harter Hand beim Haarstrang packen und die Straße hinunter zum Amtsgericht schleifen, mich hingegen vergessen.

Es kann dem Gerichtsbüttel doch eigentlich egal sein, wen er der unerbittlichen Gerichtsbarkeit unterwirft. Und ist nicht mein Vergehen klein genug, dass man es vergessen könnte? Was habe ich denn getan? Nichts. Ich habe nichts getan, aber das … Da! Die Klingel schnarrt! Ich muss den Hörer abheben. „Schnell“, sagt er, „ich komme von der Stadt Hannover.“ Es hilft doch nichts, er will herein. Die Stadt Hannover schickt ihn, und wer wagt schon, sich gegen eine ganze Stadt zu stellen. Man hat Mittel, das weiß jedes Kind.

Er kommt die Treppe herauf, runde, weiche Gesichtszüge, ein gutes Gesicht. Die mit dem guten Gesicht sind gewiss die Schlimmsten. Du bist ihnen noch dankbar, wenn sie dich martern, denn sie schauen dich an mit ihrem guten Gesicht und du denkst, es muss richtig sein, was die Stadt mir antun lässt. Denn könnte der Büttel sein gutes Gesicht bewahren, hätte er mit Unschuldigen zu tun?

Ich bitte ihn herein und an den Tisch, setzte mich selbst an das Kopfende, und er nimmt den Stuhl an der Breitseite an. Was will er? Geld, das er für die GEZ eintreiben soll, für ein Empfangsgerät, das ich nicht besitze. Aber ich habe vor Jahren eine Unterschrift für andere geleistet, und die haben wohl die Zahlungen eingestellt.

„Sie sind dran!“, sagt er, „auch wenn Sie unschuldig sind.“ Ich frage: „Habe ich ein Widerspruchsrecht?“ „Nein“, sagt er, „der Christian Wulff hat es abgeschafft, als er hier Ministerpräsident war. So geht es zu in diesem Staat, der Bürger wird allein gelassen mit seinen Sorgen und Nöten. Sie reden vom schlanken Staat, doch meinen den schwachen Staat, in dem die Gesetze gemacht werden für den Geldadel. Aber was wundern Sie sich? Ist es nicht immer so gewesen? Sie wählen, aber das tauscht nur die Köpfe aus. Die hier das Sagen haben, brauchen Repräsentanten, und sie suchen sich nicht die Besten aus, sondern solche, die es nach Macht gelüstet und bereit sind, das Volk zu knechten. Hören Sie nicht auf ihre Reden, glauben Sie nicht, was ihre Vasallen und Speichellecker sagen. Schaffen Sie sich nie wieder ein Fernsehgerät an. Es ist die Maschine, mit der Ihr Gehirn gewaschen wird.“

„Aber Herr Büttel, was reden Sie da? Wenn Sie so weiter machen, wird man einen Grund finden, Sie zu erschießen.“
„Ja, so wird es wohl kommen, wenn ich mein Gesicht behalten will“, sagt er düster, nimmt mein Geld und geht davon.

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Ein kurzer Blick zurück und hinter die Kulissen

Pataphysikalische Forschungs- und Lesereise (8.2) - Nachwort
Teil 1.1 - Teil 1.2 - Teil 2.1 - Teil 2.2 - Teil 3.1 - Teil 3.2 - Teil 4.1
Teil 4.2 - Teil 5.1 - Teil 5.2 - Teil 6.1 - Teil 6.2 - Teil 7.1 - Teil 7.2
Teil 8.1

Mein lieber Herr Gesangsverein, wie ich auf den Kalender gucke, komme ich mir vor wie der Mönch von Heisterbach. Sieben Tage war ich unterwegs und habe fünf Wochen an der Reisedokumentation geschrieben. Und während ich noch den nassen August beklagt habe und Essen und Aachen gepriesen, weil die Sonne wieder schien, da hat sich still und heimlich der Herbst angeschlichen, die Leute lassen die Zimp hängen, rennen in dicken Jacken und kriechen zwischen die hochgereckten Schultern.

Wie konnte das nur geschehen? Bin ich etwa noch viel verbummelter als meine Filialleiterin Frau Nettesheim mir nachsagt? No, Sir! Ich bin fast jeden Tag in das Bergwerk meines Notizbuches eingefahren. Aber was ich zutage förderte, wurde immer spärlicher. Da musste ich andere Leute befragen und im Internet recherchieren. Herzlichen Dank an alle, die mich mit Informationen und Fingerzeigen versorgt haben, am Telefon, in den Kommentaren, mit der Sackpost und per E-Mail. Besonders Thomas Haendly alias Jeremias Coster war mir eine ständige Hilfe, weil er all das in sein Notizbüchlein geschrieben hatte, was ich versäumt hatte zu notieren. Überhaupt hat er großen Anteil daran, dass diese Reise von Hannover nach Aachen überhaupt möglich war.

Man könnte vermuten, dass ich nach meinen Bemerkungen über Gütersloh ebenda zur unerwünschten Person erklärt wurde, aber das Gegenteil ist der Fall. Aus der Weberei, dem Gütersloher Zentrum für Kunst, Kultur und Kommunikation, schrieben mir die Betriebsleiterin und die Gastronomiechefin je eine freundliche E-Mail, und auch im Gästebuch werde ich gelobt, die Stimmung in Gütersloh erfasst zu haben. Man hat offenbar viel Humor in Gütersloh, aber das ist auch nötig, quasi im Schatten der Bertelsmannstiftung. Der aufmerksame Videbits schreibt in einem Kommentar:
„Gütersloh scheint es ja viel mehr verdient zu haben, nicht zu existieren, als Bielefeld. Aber wie man lesen kann, (...), arbeiten die dortigen CDU-Kommunalpolitiker fleißig daran, das, was Dir einzig an dieser Stadt gefallen hat, abzuschaffen. Wer weiß, vielleicht folgt der Rest auch noch.“
Der Weberei droht die Privatisierung, weil die Stadt die Zuschüsse streichen will. Dagegen kann man hier unterschreiben.

Nicht geklappt hat es, einen Lesetermin in Bielefeld zu organisieren, obwohl sich Günther Butkus vom Bielefelder Pendragon Verlag sehr bemüht hat. Ich würde ja sagen, ein andermal ist auch noch ein Tag, wenn ich sicher wäre, dass Bielefeld kein potemkinsches Dorf ist.

Warum Tandem Der höfliche Bauingenieur aus Köln, den ich in der Nähe des Kemnader Sees traf, hat aus meiner Reisedokumentation einen Auszug über unsere Begegnung in den Anhang seines Buches "Warum Tandem?" aufgenommen.

Es gibt leider auch negative Effekte. Eine Weile traktierte mich ein Gastleser mit fordernden E-Mails, und aus Gründen, die ich nun mal gar nicht verstehe, werden Texte aus dem Teppichhaus nicht mehr im Hannoverblog veröffentlicht. Zweimal habe ich nachgefragt, woran es liegt, bekam aber keine Antwort. Da ich keine Karteileiche sein will, habe ich darum gebeten, den Link zum Teppichhaus aus der Liste der Hannoverblogs zu nehmen, was kommentarlos geschah. Das ist, als würde mir meine neue Heimatstadt den Rücken zudrehen. Dagegen wurde ich in Aachen so liebenswürdig behandelt wie nie zuvor, als ich noch in Aachen lebte. Ob das ein Wink des Schicksals ist?

Natürlich denke
ich über eine weitere Forschungs- und Lesereise nach. Aber da mich Frau Nettesheim schon mahnt, ich müsse mich wieder um andere Dinge kümmern, die Humorexperten nur noch Däumchen drehen, wird wohl erst im nächsten Frühjahr etwas daraus. Derzeit arbeite ich an der Neufassung der Geheimpapiere. Das Buch wird die Texte der Lesereise und die Reisedokumentation enthalten sowie jene Texte, auf die ich mit einem Link Bezug genommen habe. Dazu demnächst mehr.

Nahezu bewundernswert finde ich die Besucher des Teppichhauses, die sich von der Länge der Texte nicht haben abschrecken lassen, gelesen und kommentiert haben. So mancher Kommentar hat mir über Durststrecken hinweggeholfen, mich erfreut, erheitert und motiviert. Herzlichen Dank für diese angenehme Begleitung. Ich habe einmal eine Definition gelesen über den Unterschied zwischen einem Profi und einem Amateur. Der Profi macht die Dinge fertig. Mit anderen Worten: Wir mussten da durch. Trotzdem hoffe ich, das Lesen der Reisedokumentation hat ein bisschen Spaß gemacht.

Lieben Gruß
Trithemius

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Mischmasch, Mischmasch, Mischmasch - Grausame Pataphysik - Ich bin schon deutlich 20

Pataphysische Forschungs- und Lesereise (8.1) - Aachen (Sonntag)
Teil 1.1 - Teil 1.2 - Teil 2.1 - Teil 2.2 - Teil 3.1 - Teil 3.2 - Teil 4.1
Teil 4.2 - Teil 5.1 - Teil 5.2 - Teil 6.1 - Teil 6.2 - Teil 7.1 - Teil 7.2

Gut zehn Jahre habe ich Tagebuch geführt, von Ende 1989 bis zum Jahr 2000. Diese 40 Tagebücher sind der Vorläufer zu meinem Blog. Sie enthalten bereits die Themengebiete, dich ich auch im Teppichhaus bearbeite, nur mit Hilfe anderer Techniken. Zeitweise war das Tagebuch mein wissenschaftliches Kunstprojekt, besonders wenn die Ereignisse in meinem Alltag dahinplätscherten. Wenn wenig passierte, konnte ich mich am besten den Einzelheiten widmen. In turbulenteren Lebensphasen schrieb ich nur Notizen in mein Tagebuch. Da war keine Muße, die Einzelheiten zu entfalten und genauer zu betrachten. Ähnlich ging es mir bei der pataphysischen Reise und deren Dokumentationen. An den ersten Tagen habe ich fast jeden Kilometerstein begrüßt und den Leser teilhaben lassen, denn ich hatte Zeit, genau hinzuschauen. Aber ab der Lesung in Essen sind meine Notizen spärlich und die Sprünge groß. Soviel ich geschrieben habe, soviel habe ich weggelassen.

Vermutlich passt immer nur die gleiche Menge an Eindrücken in meinen Kopf. Wenn also viel passiert, vergröbert sich das Wahrnehmungsraster. Da ich mit dem Schreiben langsamer vorankomme als mit dem Fahrrad, liegt die Lesung in der Galerie Perplies schon vier Wochen zurück. Thomas hat mir Fotos von der Lesung geschickt. Auf einem halte ich einen Servierteller in der Hand, aber ich weiß zuverlässig, dass ich nicht genau hingeguckt habe, was drauf war. Ich habe ausschließlich Bruschetta gegessen. „Sag mal, Ute“, habe ich am Telefon gefragt, „was du zu der Lesung bei euch vorbereitet hast, was war das noch, außer Bruschetta?“ Zum Glück konnte Ute Perplies sich erinnern: „Das war Bresaola – geräucherte Forellenfilets, Frischkäse, Zwiebeln, Mischmasch, Mischmasch, Mischmasch ...“
„Warte, ich muss mitschreiben, ‚Mischmasch, Mischmasch, Mischmasch …’, dreimal Mischmasch, stimmt’s?“ So ungefähr muss man sich meine Recherche vorstellen. Und schon tritt mir wieder alles vor Augen:


Ein wunderbarer sonniger Sonntagmorgen. Obwohl ich schon lange Heide bin, ist die Ruhe des Sonntagmorgens mein privates Hochamt. In dieser sonntäglichen Stimmung fahre ich zur Galerie Perplies am Aachener Hubertusplatz und bin etwas zu früh. Denn ich dachte, ich könnte den Beamer schon aufbauen, um später ein paar Gifs aus dem Teppichhaus zu zeigen. Günter Perplies öffnet mir die Tür und ist noch ein bisschen verwuschelt. Der Mann hat die Ruhe weg und lässt sich auch nicht anmerken, dass ich ihn vom Frühstückstisch aufgestört habe. Es ist noch Zeit, sagt er, denn den Beamer bringe erst eine Freundin mit.

Bevor ich in Hannover losfuhr, habe ich mit Günter telefoniert. Wir sprachen darüber, dass für die kommenden Tage viel Regen angekündigt sei, und Günter sagte: „Zur Not holen wir dich mit dem Kombi ab.“ Obwohl ich nicht im Traum daran dachte, dieses freundliche Angebot anzunehmen, hat es mich während der Regenfahrten getröstet. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass man willkommen ist. Da fühle ich mich wie der verlorene Sohn einer Stadt, der zurückkehrt, nachdem er nach Hannover gegangen ist und liebe Freunde in Aachen zurückgelassen hat. Dieses Gefühl verstehen Ute und Günter zu vermitteln, auch wenn ich zu früh da bin.

Als Thomas und
die anderen Gäste eintreffen, geht ein allgemeines Umarmen und Herzen los, denn eingeladen ist ein handverlesener Freundeskreis, allesamt kunstinteressiert oder selbst künstlerisch tätig. Es ist nicht wahr, dass Ute und Günter Perplies sie mit Wein und Sekt abgefüllt haben, damit sie meine Geheimpapiere besser ertragen. Getränke gibt es erst in der Pause und nachher, aber dann reichlich. Nora C. kommt mit dem Beamer, und nach ein bisschen Hantier sehen wir die Gifs, die ich vorbereitet habe. Dann spricht Günter ein paar einführende Worte zur Pataphysik und zitiert: „Die Pataphysik steht zur Metaphysik so wie die Metaphysik zur Physik.“ Was bedeutet das?

Zur Metaphysik gehört bekanntlich der Mischmasch außersinnlicher Erscheinungen, die von der Physik nicht erklärt werden können. Demnach beschäftigt sich die Pataphysik mit allem, was die Metaphysik nicht erklären kann, eröffnet quasi den Blick auf das Reich des Absurden. Ich möchte behaupten, dass unser Leben grundsätzlich vom Absurden geprägt ist. Das wenigste lässt sich physikalisch erklären. Nur weil wir das Absurde täglich vor Augen haben, ist es schwer zu erkennen. Um es zu sehen, kann man sich auf den Kopf stellen und die Welt aus diesem neuen Blickwinkel betrachten. Aber eigentlich muss man nur ein wenig zurücktreten, dann enthüllt sich, dass die Welt, in der wir leben, ziemlich schräg ist.

Ich lese aus den pataphysikalischen Geheimpapieren, worin ich immer wieder versuche, die Schrägheit unserer Welt zu erfassen. Es ist herrlich, denn ich werde auf einer Welle von Sympathie und Einvernehmen getragen. Thomas hat mitgeschrieben, was ich in welcher Reihenfolge gelesen habe und auch vermerkt, bei welchem Text von den Frauen gekichert wurde. Der Programm-Mischmasch:

Vorsicht, dieser Text kann Spuren von Erdnüssen enthalten
Sattelnotstand in Hannover - Felgenschlag in Aachen
Die Anbetung der Regenrinne
Windgeist
Die Weltrettungszentrale ist leider viel zu klein (Kichern)
Radfahren ohne Kette
Genio leibnitii und Enten
Fluch der Stilkunst
Die Philosophie des Kaffeelöffels (Kichern)
Herr Jesus hat mich nicht gegrüßt, aber immerhin
Große Welt ist kleine Welt
- Pause -
Es geht immer noch schlimmer
Aufmunternde Töne
Ein neues Wort und seine schrecklichen Konsequenzen
Fieberschübe
Bitte packen Sie sich Fisimatenten in den Kopf
Blaues Auge, Himmelstern
Schimpf auf die Tagesschau - und zwei alte Männer quatschen rein
Ich habe Füße gesehen

Pataphysikalischer Humor ist philosophisch und grausam. Das Grausame spare ich mir bis zum Schluss auf, lese an diesem Augustmorgen einen Text über Weihnachtsmannschlauchhosen und Elefantenrüsselslips. Einen Moment habe ich gezögert, denn es geht darin auch um seltsame Verhaltensweisen niederländischer Männer. Vor mir sitzt nämlich ein niederländischer Mann, Emile P., für Thomas „der Leonardo des 21. Jahrhunderts“. Emile ist Gefäßchirurg, Professor und Chefarzt an einem Aachener Krankenhaus. Nebenbei ist er sein eigener Architekt, Maurer, Möbeltischler, „ein begnadeter Koch“, sagt Thomas, er spiele konzertreif Cembalo und Traversflöte, und seine fotorealistischen Gemälde seien beeindruckend. Bei allem ist er ein bescheidener und liebenswürdiger Mann, Kunstmäzen und in diversen sozialen Bereichen aktiv. Während ich niederländische Männer schmähe, sehe ich ihn bestätigend schmunzeln. Später sagt er: „Ich dachte, den Text hättest du extra für mich herausgesucht.“ Hatte ich aber nicht und ahnte auch nicht, dass die Niederlande mich mit einem herausragenden Gesandten widerlegen würden.

Natürlich bin ich als Internetdichter auch in diesem interessierten Kreis ein Exot. Es wird eine Weile dauern, bis Internetkunst eine ähnliche Wertschätzung erlangt wie die analogen Künste. Aber so ist es allen Medien gegangen, angefangen von der Erfindung der Schrift. Denn jedes neue Medium erweitert zwar die Möglichkeiten, geht aber zwangsläufig mit kulturellem Verlust einher. Die Schrift schwächte das Gedächtnis, der Buchdruck verdrängte die Kalligraphie, die Schreibmaschine verdrängte die Handschrift, die Bildmedien lassen die Phantasie verkümmern, um nur einige Beispiele zu nennen. Daher bestehen gegen neue Medien anfänglich große Vorbehalte. Es werden begründete Einwände erhoben, bis sich die Vorzüge in den Vordergrund gedrängt haben. Dieser Prozess vollzieht sich naturgemäß langsam, denn es ist damit auch eine Veränderung der Denkweisen verbunden. Neue Medien bringen neues Denken hervor, und wer ein starrer Denker ist, kann solchen Veränderungen nicht folgen.

Wenn ich lese, wie abwertend manche Journalisten sich über Blogs auslassen, ein Medium, in dem sie sich kaum auskennen, dann muss ich immer an den Herzog von Urbino denken. Er fasste seine kostbaren handgeschriebenen Bücher nur mit weißen Handschuhen an und duldete in seiner berühmten Bibliothek kein gedrucktes Buch. Herzöge können sich kulturellen Snobismus leisten. Aber sie halten ein neues Medium nicht auf. Kulturelle Snobs werden bald links und rechts überholt, und irgendwann verstehen sie die Welt nicht mehr. So fühle ich mich auch als Botschafter des Internet-Weblogs und bin dankbar und froh, dass die Galeristen Perplies mir Gelegenheit gegeben haben, ihren Freunden die digitale Kunst vorzustellen. Die Abkehr vom Material wird durch einen wesentlichen Vorzug ausgeglichen, den der sozialen Interaktion. Die Vernetzung über räumliche Grenzen hinweg, der zeitnahe schriftliche Austausch zwischen Autoren und kompetenten Lesern, dieses Hin und Her der Gedanken, können Buch oder eine Lesung an realen Orten naturgemäß nicht bieten. Aber bei den drei Lesungen dieser pataphysischen Forschungs- und Lesereise habe ich sehr genossen, die Reaktionen unmittelbar zu erleben sowie das wunderbare Gefühl einer Zusammenkunft mit aufgeschlossenen, freundlichen Leuten.

Ute, Günter, Thomas und ich sitzen noch bis in den Nachmittag bei Wein und Sekt gesellig auf der blumenumrankten Terrasse und reden allerlei. Obwohl ich ein bisschen angeschickert bin, mache ich danach eine kleine Radtour in die nahen Niederlande. So hat Thomas eine Weile Ruhe. Ich komme ebenfalls wieder zu mir, denke wenig und werde von einem heftigen Regenguss durchnässt, so dass ich nicht aus der Übung komme. Aber es bleibt warm.

Am Abend essen wir vor dem La Statione. Thomas lädt mich ein. Er ist hier Stammgast und wird entsprechend hofiert. Am Nebentisch sitzt die Frau, die in den Räumen des Deutsch-französischen Instituts für den Verein Kaleidoskop e.V. die „Nacht der kurzen Filme“ veranstaltet. Thomas stellt mich vor, und sie sagt, sie habe die Ankündigung der Lesungen in den Aachener Nachrichten gelesen und sogar erwogen hinzukommen. Doch dann habe sie gedacht: "Ein Internetdichter ist sicher so ein 19-jähriger. Jetzt aber sehe ich, Sie sind schon deutlich 20.“ Selten wurde ich so charmant auf mein Alter hingewiesen. Leider kann ich nur maulfaul antworten, denn ich habe mich verschluckt. „Ihr Pech“, denke ich, „wenn sie nicht zu meiner Lesung kommt, kann sie nicht erwarten, dass ich beim Abendessen eine Privatvorstellung gebe.“

Auch ein Internetdichter hat irgendwann mal Feierabend.

Fortsetzung: Kurzer Blick zurück und hinter die Kulissen
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Schon wieder nasses Hemd – Alptraum der Familie Mantels - Ich beichte, schmunzle und gebe zu denken

Pataphysische Forschungs- und Lesereise (7.2) - Aachen (Samstag)
Teil 1.1 - Teil 1.2 - Teil 2.1 - Teil 2.2 - Teil 3.1 - Teil 3.2 -
Teil 4.1 - Teil 4.2 - Teil 5.1 - Teil 5.2 - Teil 6.1 - Teil 6.2 - Teil 7.1

Eine seltsame Sache verfolgt mich. Mal scheint sie weg zu sein, dann kehrt sie heimtückisch wieder. Meist tritt sie auf, wenn ich an den PentAgrion-Texten schreibe und tief hineingerate in die Romanwelt. Mein tatsächliches Leben und das des Icherzählers beginnen sich wechselseitig zu beeinflussen. Manchmal lasse ich etwas in der Romanwelt geschehen, ohne zu wissen, wohin es führen wird, und irgendwann passiert es ähnlich in meinem Leben. Was ist Ursache, was Wirkung? Sind es Vorahnungen, die mich im Roman vorwegnehmen lassen, was mir real passieren wird, oder geschehen diese Dinge, weil ich sie geschrieben habe? Beides ist mir nicht recht, denn es nimmt mir die Freiheit. Ich kann es nicht steuern, sonst würde ich mir einen Lotteriegewinn an den Hals schreiben und ähnlich erfreuliche Dinge. Zumindest den Lotteriegewinn habe ich mir aber vermutlich versaut.

Ein harmloses Beispiel ist das nasse Hemd. Im Roman hat der Ich-Erzähler zum ersten Mal in seinem Leben Zugang zum Kerstenschen Pavillon, und weil er schnell den Lousberg hinauf hat gehen müssen, ist sein Hemd völlig durchnässt, was in der Folge zu peinlichen Entwicklungen führt. Ähnliches geschieht an diesem Samstag. Es ist sehr schwül, als ich mich auf den Weg zum Lousberg mache. Thomas ist schon vorgegangen, um den Schlüssel für den Kerstenschen Pavillon zu holen, und ich fahre später mit dem Rad hinterher. Ich kann mir Zeit lassen, ermahne mich, nicht zu schnell zu fahren. Aber wie ich am rückseitigen Eingang des Kerstenschen Pavillons ankomme, ist mein Hemd klatschnass. Das ist mir unangenehm, nicht nur, weil mir das Hemd am Körper klebt, sondern, weil ich die peinlichen Entwicklungen fürchte. Man könnte einwenden, dass ich schwitze, weil ich den Lousberg hochgefahren bin. Aber Thomas muss recht schnell gegangen sein, hatte noch einen weiteren Weg und schwitzt überhaupt nicht.

Da kommen Heinz und Doris, gut eine halbe Stunde zu früh. Verflixt, jetzt sehen wir uns nach Jahren wieder, und mein Hemd ist nass. Mit Heinz habe ich studiert. Er war wie ich vor dem Studium Handwerker, ist gelernter Metzgermeister. Aber ich glaube, die Schweinehälften waren ihm zu schwer zu buckeln. Heinz und ich waren schon als Kunststudenten Pataphysiker. Irgendwo im Teppichhauslager habe ich einen Text, der davon erzählt. Er heißt dort Herbert Nebenmann. Es ist schade, wir können gar nicht viel miteinander reden, denn wir müssen Thomas helfen, die Stuhlreihen aufzubauen. Ich halte mich aber bald zurück. Wenn ich beim Stühle schleppen erneut ins Schwitzen gerate, trocknet mein Hemd nie.

Der barocke Kerstensche Pavillon steht mitten im Lousbergpark an einem Steilhang. Zum Vordereingang führt eine lange Treppe. Der rückwärtige Eingang ist ebenerdig zum Plateau, auf dem einst das Gesellschaftshaus Belvedere gestanden hat. Es wurde im zweiten Weltkrieg zerstört, aber da stehen und liegen noch ein Dutzend klassizistische Säulen auf dem Rasen. Ein Brautpaar nutzt die Kulisse und lässt sich von einem Fotografen und einer Fotografin ablichten. Der Fotograf ist ein Großmeister der Hochzeitsfotografie. Er legt sich mit der Kamera im Anschlag auf den Bauch und lässt das Hochzeitspaar springen. So hoch sie können, sollen sie springen. Was die beiden bieten, reicht ihm nicht. Sie sollen springen und dabei ulkig die Beine verrenken. Sie springt aus dem Stand höher als er. Der Fotograf ermahnt den dicklichen Bräutigam, er müsse sich mehr ins Zeug legen. Wie sieht denn das aus, wenn er wie ein Sack über der Grasnarbe hängt, derweil ihm das weiße Brautkleid um den Bauch flattert. Ach, wie müssen die beiden springen, bis der Fotograf zufrieden ist. Die Fotografin hockt derweil an der Seite und schießt Fotos aus einer anderen Perspektive.

Ich finde das zu wenig. Da müsste ein Heer von Fotografen sich drängeln, sich gegenseitig anrempeln, und die Fotografen in der hinteren Reihe müssten die Kameras über die Köpfe der anderen halten oder besser noch, ihrerseits hochspringen. Es fehlen Scheinwerfer und reflektierende Schirme, die von Praktikantinnen gehalten werden. Bei einer Hochzeit darf man sich doch nicht lumpen lassen und an der Hochzeitsfotografie sparen. Schließlich wird ein einmaliger Moment im Leben des jungen Paares festgehalten. Sie werden vielleicht noch mal heiraten, aber dann andere Partner. Sicherheitshalber sage ich schon mal „Herzlichen Glückwunsch!“ Der Fotograf hört das gar nicht gerne, denn ich halte die beiden vom Springen ab, vielmehr nehmen sie die Gelegenheit war, mal für einen Moment am Boden zu bleiben, schnaufen aus und sagen danke. Heiraten wird offenbar immer anstrengender.

Langsam füllen
sich die drei Stuhlreihen im Kerstenschen Pavillon. Rund 25 Zuhörer haben sich eingefunden, überwiegend aus dem Freundeskreis von Thomas. Die Aachener Nachrichten haben eine junge Mitarbeiterin geschickt. Sibille Spiegel, stellvertretende Vorsitzende des Lousbergvereins, spricht einführende Worte, dann übergibt sie auf Gedeih und Verderb das Publikum an mich.

Es hat etwas Erhabenes, unter der hohen Kuppel dieses barocken Lustpavillons zu lesen. Zudem schaut die Nachmittagssonne durch den Haupteingang herein und flutet ihn mit Licht. Das ist gewiss kein Zufall, sondern Kalkül des Baumeisters Johann Joseph Couven. Der Pavillon steht hier ähnlich wie an seinem ursprünglichen Platz im Garten des reichen Färbereibesitzers Nicolaus Mantels, und wenn sich die Herrschaften im Sommer in ihrem Gartenhaus zum Tee gesetzt haben, sollte die Halle lichtdurchflutet sein. Dass dereinst ein digitaler Teppichhändler sich darin sonnen würde, hätten sie wohl nicht in ihren schlimmsten Alpträumen gedacht. Zumindest hätten sie bei manchem Text den Tee in den falschen Hals gekriegt.

Einfach ist es nicht, gegen das Hüsteln der Patrizierfamilie Mantels anzulesen, zumal meine Stimme sich zur hohen Decke verliert, so dass mich eine Dame bittet, lauter zu lesen. Gut, ich lese meine Texte gerne laut. Nichts gegen die Mantels, aber ich habe mehr zu bieten als dahin plätschernde Banalitäten einer Teerunde. So jedenfalls ermuntere ich mich. Drei Leute glauben das nicht und machen sich in der Pause davon, meine Exfreundin und ein Paar, das offenbar zu ihr gehört.

Das Publikum ist freundlich und interessiert. Aber auch bei lustigen Textstellen wird nur verhalten geschmunzelt. Der Funke will nicht recht überspringen. Bei der Wahl der Uhrzeit habe ich mir versehentlich ins Knie geschossen. Um 16 Uhr ist der menschliche Zirkadianrhythmus noch im Tief. Nach dem Mittagessen fällt der Mensch ins Suppenkoma, und überwindet es erst gegen 17 Uhr. Ich lese bis 17:30 Uhr. Darum wird es zum Schluss hin besser. Zwischendurch taucht der Pressefotograf in der Terrassentür auf, schießt ein paar Fotos und ist wieder weg. Ich muss nicht mal hochspringen. Ralf Roegers Pressefoto gefällt mir. Doch ich kann es leider nicht für den Preis Standfoto der Woche nominieren, der vom Verein der Freunde verschmockter Zeitungsfotografie (VDFVZF) vergeben wird, dessen einziges Mitglied ich bin. Aber er wurde sowieso schon einmal ausgezeichnet.

Nachrichten-Mitarbeiterin Denise Petzold hat einen hübschen Text über meine Lesung verfasst. Nur die Überschrift ist ein bisschen irreführend. Ich bin ja nicht der Schlüsseldienst von Veronica Ferres. Vermutlich hat der Redakteur gedacht, dass Frau Ferres in der Überschrift ein Augennagel ist. Obwohl ich sie im fraglichen Text "Es geht immer noch schlimmer" verspotte, wirbt Ferres also für das Teppichhaus Trithemius, und zwar selbstlos kostenlos. Die Zeiten bessern sich.


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Aachener Nachrichten vom 23.08.2010
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Gegen 18 Uhr sitzen Thomas und ich vergnüglich am Markt vor dem Postwagen in der Sonne und trinken Kölsch. Wie immer kommen andauernd Leute vorbei, die Thomas kennt. Manche setzen sich für eine Weile zu uns an den Tisch, so eine hübsche fröhliche Frau, mit der Thomas nachher diskutiert, wie groß das Marianneninstitut am Annuntiatenbach ist, in dem zwischen 1897 und 1955 rund 40.000 Aachener geboren sind. Zuvor hatte ich noch nie von dieser Produktionsstätte für Aachener gehört, aber irgendwo müssen sie ja hergekommen sein.

Neben mir sitzt auch ein kleiner Mann, den ich schon aus der Zeit meines Studiums vom Sehen kenne. Ich bin hunderte Mal an ihm vorbeigegangen und sah ihn in die Jahre kommen. Jedes Jahr, wenn es kalt genug war, stand er vor einem Kaufhaus in der Nähe des Marktes und verkaufte heiße Maronen. Jetzt höre ich, dass er mit den Maronen soviel verdient, dass er nur im Winter arbeiten muss, sogar noch weitere Maronenstände besitzt. Er wundert sich, dass wir uns an der Hochschule nie begegnet sind, denn wir haben beide Germanistik studiert. Mich wundert es nicht; ich habe nur das Nötigste gemacht, da ich arbeiten musste, um Studium und Familie zu finanzieren. Ich war Projektleiter im AStA-Pressereferat, Drucker in der AStA-Druckerei, Referent beim Pressesprecher der RWTH, wo ich ein eigenes Büro hatte, habe Broschüren, Hochschulzeitungen und zwei belgische Discjockey-Zeitschriften layoutet, eine in Französisch und eine in Flämisch, und zeitweise hing das ganze Hochschulviertel voller Plakate, die ich gestaltet hatte. Das hätte ich einfacher haben können, wenn ich Maronen verkauft hätte, aber darauf muss man erst mal kommen.

Ein gut gelaunter Mann setzt sich zu uns, der auf einem Klapprad herangeradelt war. Das Rad lasse sich so klein zusammenfalten, das könne er sogar im ICE mitnehmen, wo es nicht mehr Platz benötige als gewöhnliches Handgepäck. Da würde also selbst die Japanerin staunen. Er verspricht, zu der Lesung am Sonntag in der Galerie Perplies zu kommen, vorausgesetzt, seine Frau gebe ihm keinen anderen Marschbefehl. Für die Freizeitplanung sei nämlich seine Frau zuständig, da müsse er sich nicht drum kümmern. Es gibt viele Wege ins Glück, und einen davon hat er offenbar gefunden. Manchem wäre der vielleicht ein bisschen eng, aber wenn er ein Miniklapprad hat, dann geht’s.

Fortsetzung: Mischmasch, Mischmasch, Mischmasch - Grausame Pataphysik - Ich bin schon 20
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