Editorial – Glück aus Schachteln


Liebe Leserin, lieber Leser!

Liebe Freundinnen und Freunde dieses Blogs!

An einem Sonntagmorgen suchte ich in fünf Schachteln nach einem Dokument. Natürlich fand ich tausend andere Dokumente, das Gesuchte aber erst in der letzten Schachtel. Als ich noch darüber nachsann, welches Gesetz wirksam ist, wenn das Gesuchte sich stets findet, wo man zuletzt nachsieht, fiel mir auf, dass ich die letzte Schachtel zuerst in der Hand gehalten, dann aber gedacht hatte, darin wird das Dokument keinesfalls sein. Daraus erklärt sich die Überschrift vom vorvorletzten Beitrag. Der Satz: „Beim ersten hätte ich bleiben sollen“, wollte nicht so recht passen, bis mir einfiel, dass er eigentlich den Schachteln gegolten hatte.

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Müßiges aus dem Stadtpark Hannover

Hannovers Stadthalle liegt passender Weise in Hannovers Stadtpark. Der wiederum liegt im noblen Zooviertel mit herrschaftlichen Häusern, deren Bewohner den Stadtpark verschmähen, weil sie vor ihren Terrassen eigenes Grün und eigene Gärtner haben. Öffentliche Parks sind doch eigentlich dazu gut, dass auch der Hinterhofbewohner mit seinen Kellerkindern einen Schritt in die Natur machen kann, zwischen Blumenrabatten spazieren, Springbrunnen bestaunen, auf weißlackierten Bänken ausruhen, und so dem grauen Alltag für eine Weile enthoben wird. Insofern liegt der Stadtpark Hannover völlig falsch.

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wellen, wellen, wellen

In frischer Morgenluft fuhr ich mit dem Rad ein Stück die Ihme hinauf, vorbei am Wehr, wo aus dem schnellen Graben das Wasser der Leine in die Ihme stürzt. Auf der Wiese wurden zu mietende Kanus von Anhängern abgeladen. Kleine Gruppen standen beieinander und wurden für Kanufahrten instruiert. Jeder hatte schon die leuchtend orangefarbene Schwimmweste umgetan. Ich überquerte die Leinebrücke zum Maschsee hin. Ah, wie sanft die Leine dahin zieht mit dem wenigen Wasser, das man ihr gelassen hat.

Vorher war die Ihme vom Uferweg nicht zu sehen gewesen. Ein Meer von hohen Stauden verwehrt die Sicht. Das Kraut blüht dunkelrot mit einem Stich zum Violetten, und die Blüten duften durchdringend bis hart an den Rand des Unangenehmen. Vermutlich ist das Zeug von irgendwo eingewandert, sein Same mit Meteoriten von fernen Planten zu uns gekommen, und breitet sich langsam von der Ihme aus, um irgendwann den ganzen Planeten zu erobern. Man soll nicht sagen, ich hätte nicht gewarnt.

Aber egal jetzt. Es rollt so schön am Maschsee entlang. Da sind schon die ersten Zelte vom Machseefest. Zum Glück haben alle Vergnügungstempel, Sauf- und Fressbuden noch geschlossen. Ich kann ungehindert durch die stille Budengasse am Nordufer entlang der Promenade rollen und mich an die Umrundung des Maschsees machen. Doch da lockt in der Sonne eine leere Bank. Warum nicht hier eine Weile sitzen? Es ist ja noch so früh!

Ein leiser Wind streicht von Süden über den See und kräuselt die Wasserfläche. Kleine Wellen streben dem Nordufer zu. Nach einer Weile frage ich mich, was geschieht, wenn sie an die Ufermauer treffen. Wohl gar nichts; sie werden sich nicht auftürmen dort. Dazu sind sie zu schwach. Sie werden einfach aufhören, Wellen zu sein.

Ach, wie dumm die deutsche Sprache doch ist, indem sie jederzeit liebedienerisch Substantive anbietet für Vorgänge. Indem wir eine Bewegung „Welle“ nennen, denken wir wie Starrköpfe. Wir haben zwar das Verb „wellen“, nutzen es aber selten. Denn wollte ich schreiben „Das Wasser wellt sich“, denkt man sogleich an eine Riesenwelle, die sich aufbaut und, einen Tunnel bildend, nach vorne rollt, um an ihrem Kamm zu brechen. Ein todesmutiger Surfer schneidet die Welle im Tunnel an und lässt sich in ihr vorwärts treiben, bis die Gischt über ihm zusammenbricht, ihn mit sich reißt bis auf den Grund. Ob er noch mal auftauchen wird? Das sind bange Minuten.

Hallo?! Wir sitzen am Maschsee. Das ist kein Gewässer für Wellensurfer. Wie die Wasserfläche vor dem Wind sich kräuselt und wie es scheint, vorbeiströmt, wirkt der See wie ein Strom, breiter als der Rhein. Von links nach rechts wellt es sich unablässig wie wäre ich sehr betrunken, besoffen, richtig hackevoll, wenn das Bild meiner Umgebung gegen alle physikalische Logik unablässig vor meinen Augen von links nach rechts schiebt, ohne je nach links wieder zurückzukehren. Es heißt in solchen Fällen, dass die Welt sich drehe, aber es ist gar kein Drehen. Es ist immer das gleiche Bild, das sich vorbeischiebt. Wie das Bild dieser Wellen hier, die ja keine Individualität haben, auch gar nicht bestehen, sondern sich nur gleichförmig immer wieder neu bilden, so dass es besser wäre nur von „wellen“ zu sprechen, weil sie gar keine Wellen sind.
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Der liebe Hans - Inspiring Voyeurism (2)

Mein erster Beitrag zum archäologischen Literaturprojekt Inspiring Voyeurism des Kollegen Merzmensch ist im HACK-Blog erschienen. Ich habe ihn Der liebe Hans genannt.

Hans hat im Abstand von drei Jahren zwei Ansichtskarten an seine Eltern geschickt, die erste 1954 aus Bonn, die zweite 1957 aus Berlin. Ich habe die Karten auf dem Flohmarkt hintereinander gestapelt gefunden, ein Glücksgriff. Denn so erzählen die Karten eine längere Geschichte aus dem Leben von uns unbekannten Personen. Wäre es nicht so heiß gewesen am Stand des Trödlers, hätte ich gern weitere Karten von Hans gesucht. Aber so ist auch schön. Sehen Sie selbst.
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Leuchtender Karl, Trick 17 und galaktisches Rauschen

Rauschen ist ein Begriff aus der Kommunikations- und Informationstheorie. Der Begriff meint stochastische Störungen, die auf dem Übertragungskanal zwischen Sender und Empfänger einer Nachricht auftreten können. Was Trick 17 ist, lässt sich leider nicht so genau klären. Die sogenannte Pro7-Wissensshow „Galileo“ hat verbreitet, ein Magier namens Carlos Luminoso (zu deutsch “leuchtender Karl”) habe ein Buch mit seinen Zaubertricks hinterlassen. Die letzten Seiten, auf denen sein Trick Nummer siebzehn beschrieben war, seien bei einem Brand vernichtet worden. Schöne Geschichte, doch leider nicht wahr.

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Inspirierender Merzmensch

Auf dem Allstadtflohmarkt schiebe mich unter einer brennenden Sonne durch die Menschenmasse zwischen den Ständen. Es ist blöd, etwas gezielt zu suchen, wenn ringsum die Bummler und Gaffer kaum vorwärts kommen und Männer wie Frauen, am liebsten in Paaren, im Weg rumstehen und alten Pröll bestaunen, den sie aber nicht kaufen wollen. Ich hingegen suche einen Stand mit alten Postkarten, weil ich mich Freund Merzmensch eingeladen hat, mich an seinem archäologischen Projekt
"Inspiring voyeurism"
zu beteiligen.



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Das erste hätte so bleiben können – Fährmannsfest in Linden

Gegen Mittag werde ich von einer leisen Unruhe gemahnt, ich müsse hinaus und mich draußen bewegen. Ich öffne mehrmals ein Fenster und schaue hinaus. Der Wind, der an der Front der Häuser von Westen vorbeistreicht, trügt. Es ist, als ich vor die Tür trete, heiß und drückend. Trotzdem schreite ich aus, auf der Schattenseite den Kötnerholzweg hinunter, biege in die Velberstraße ein, überquere die belebte Limmerstraße und gehe weiter über die Leinaustraße zum Kulturzentrum Faust. Es findet auf dem Gelände allsonntäglich ein Flohmarkt statt. Einige Händler bauen schon ihre Stände ab. Meinetwegen! Ich will sowieso nichts kaufen.

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Konnotationen ² und Akzeptanz der Orthographie

„Ich weis schier nicht, was daraus werden will zu letzt, ich zu meinem theyl wais schier nicht, wie ich meine Schulers leren sol, der vrsachen halben, das yetzunder, wo ynser drey oder vier Deutsche schreibers zusamen koment, hat yeder ein sonderlichen gebrauch. Der ein schreibt ch, der andere c, der dritte k, wollte Gott, dass es darhyn komen möchte, das die Kunst des schreibens einmal wieder in rechten prauch komen möchte“,

schreibt der Schreibmeister Hans Fabritius im Jahr 1531 in seinem Büchlein: etlicher gleichstymender worther, aber ungleichs Verstandes

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Killerketchup - Warum die Menschheit sterben musste

Ein burleskes Literaturprojekt


1
Verschiedene Hobbyastronomen entdeckten eine Tomate, die den Globus im Orbit umkreist. Nachdem sie wichtige Kommunikationssatelliten gestreift hatte, beschuldigten die USA den Bösewicht Putin, die Tomate hoch geschickt zu haben. Putin schwieg zunächst, ließ aber im russischen Staatsfernsehen ein Video verbreiten, auf dem er mit nacktem Oberkörper eine Tomate in der Hand zerquetscht und erklärt, er hasse schwule Tomaten und wünsche sie alle zum Mond. Die verwirrende Nachrichtenlage ausnutzend meldete Nordkorea, der großartige Führer Kim Jong-un habe die Tomate persönlich hoch geschleudert, ihr mit der wunderbaren Kraft seines gottgleichen Armes die Geschwindigkeit von 11,8 KM/sec verliehen, die bekanntlich notwendig ist, die Anziehungskraft der Erde zu überwinden, und damit das glorreiche Raumfahrtprogramm Nordkoreas begründet. US-Präsident Obama brüstete sich bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus damit, die NASA könne Ketchup aus der Tomate machen, wenn er den Befehl dazu gebe, was wiederum den Verdacht nährte, die USA hätten heimlich im Weltall ein todbringendes Waffensystem installiert. Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel erklärte, Deutschland sei bereit, Verantwortung zu übernehmen, und die Tomate, wenn sie denn mal runterkäme, in einem Salzstock zu versenken. Sie wolle ihren amerikanischen Freunden aber nicht vorgreifen. Ketchup wäre ja auch ganz lecker.

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