surrealer Alltag

Anklopfen bei Angela Merkel - Aber irgendwie schön



Ein Film von Trithemius, mit ihm selbst, Eugene Faust, Uschi von der Leyen, einem Kohlfeld und Angela Merkel. Musik: Martin Kratochwil
Aus der Reihe: Mein surrealer Alltag
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Was haben Sie letzte Nacht geträumt, Trithemius?

Trittenheim-Traumtagebuch

Fotos und Gifgrafik der Traumsequenz: Trithemius
Szenenbild der Sitzung nach einer Vorlage von Eugene Faust
Musik: Martin Kratochwil


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Wundersame Sprechstunde bei Frau Doktor Faust

In letzter Zeit, die Besucher des Teppichhauses werden es bemerkt haben, sind die Angebote im Laden ein wenig einseitig. Lange Teppiche, deren Muster nur Buchstaben aufweisen. Ich weiß auch nicht, woran es liegt. Gestern nun, da habe ich der Frau Doktor mein Leid geklagt, worauf sie mir gleich einen Termin einräumte, denn sie sah wohl, dass die Sache keinen Aufschub verträgt. Wie die erste Sitzung verlief, ist bei Frau Doktor Eugene Faust im Kommentarteil dokumentiert. Aber sie wird noch ein bisschen an mir rumtherapieren müssen, wie das tragische Dokument der Fortsetzung zeigt:

couch3

(Szenenbild: Eugene Faust - Gif, Fortsetzung: Trithemius)
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Das Gesicht des Büttels - Mein surrealer Alltag (20)

Es ist schrecklich, auf den Gerichtsbüttel zu warten. Er ist schon unterwegs, und obwohl draußen die Sonne lacht, wirft diese Ahnung einen Schatten auf mich und verdunkelt mein Gemüt. Ist dieser schreckliche Mensch noch am anderen Ende der Stadt oder richtet er seine mitleidslosen Augen schon auf meinen unglücklichen Nachbarn, derweil er ihm die Daumenschraube fester zieht, um zu sehen, was aus ihm herauszuquetschen ist? Diese Gerichtsbüttelhand, die jederzeit bereit ist, Schreckliches zu tun, vielleicht schwebt sie bereits über meiner Klingel und wird sie, wenn nicht in dieser Sekunde, dann in der nächsten lang und anhalten pressen.

Ich weiß nicht, wo ich mich lassen soll, denn egal wo ich bin, entrinnen werde ich nicht. Eine Weile bin ich hin und her gegangen, habe sogar gewagt, aus dem Fenster zu schauen. Da sah ich eine gut gekleidete Frau, die ihre blonden Haare sorgfältig zu einem Zopf geflochten hatte, eine durchaus angenehme Erscheinung, hätte sie nicht einen kleinen gescheckten Hund an der Leine gehabt und ihm aufmerksam zugeschaut, wie er seine Notdurft im Eingang des Kinderspielplatzes verrichtete, danach mit seinen stummeligen Hinterbeinen scharrte, so dass Erde und kleine Blätter aufstoben. Da hoffte ich, just in diesem Moment würde der Gerichtsbüttel um die Ecke biegen und „Eingehalten!“ donnern, den leer geschissenen Hund noch im Scharren ergreifen und mitsamt seiner zuckenden Beinchen in die schwarze, lederne Gerichtsbütteltasche quetschen. Und sie stockstarr und stumm vor Entsetzen, sie würde er mit harter Hand beim Haarstrang packen und die Straße hinunter zum Amtsgericht schleifen, mich hingegen vergessen.

Es kann dem Gerichtsbüttel doch eigentlich egal sein, wen er der unerbittlichen Gerichtsbarkeit unterwirft. Und ist nicht mein Vergehen klein genug, dass man es vergessen könnte? Was habe ich denn getan? Nichts. Ich habe nichts getan, aber das … Da! Die Klingel schnarrt! Ich muss den Hörer abheben. „Schnell“, sagt er, „ich komme von der Stadt Hannover.“ Es hilft doch nichts, er will herein. Die Stadt Hannover schickt ihn, und wer wagt schon, sich gegen eine ganze Stadt zu stellen. Man hat Mittel, das weiß jedes Kind.

Er kommt die Treppe herauf, runde, weiche Gesichtszüge, ein gutes Gesicht. Die mit dem guten Gesicht sind gewiss die Schlimmsten. Du bist ihnen noch dankbar, wenn sie dich martern, denn sie schauen dich an mit ihrem guten Gesicht und du denkst, es muss richtig sein, was die Stadt mir antun lässt. Denn könnte der Büttel sein gutes Gesicht bewahren, hätte er mit Unschuldigen zu tun?

Ich bitte ihn herein und an den Tisch, setzte mich selbst an das Kopfende, und er nimmt den Stuhl an der Breitseite an. Was will er? Geld, das er für die GEZ eintreiben soll, für ein Empfangsgerät, das ich nicht besitze. Aber ich habe vor Jahren eine Unterschrift für andere geleistet, und die haben wohl die Zahlungen eingestellt.

„Sie sind dran!“, sagt er, „auch wenn Sie unschuldig sind.“ Ich frage: „Habe ich ein Widerspruchsrecht?“ „Nein“, sagt er, „der Christian Wulff hat es abgeschafft, als er hier Ministerpräsident war. So geht es zu in diesem Staat, der Bürger wird allein gelassen mit seinen Sorgen und Nöten. Sie reden vom schlanken Staat, doch meinen den schwachen Staat, in dem die Gesetze gemacht werden für den Geldadel. Aber was wundern Sie sich? Ist es nicht immer so gewesen? Sie wählen, aber das tauscht nur die Köpfe aus. Die hier das Sagen haben, brauchen Repräsentanten, und sie suchen sich nicht die Besten aus, sondern solche, die es nach Macht gelüstet und bereit sind, das Volk zu knechten. Hören Sie nicht auf ihre Reden, glauben Sie nicht, was ihre Vasallen und Speichellecker sagen. Schaffen Sie sich nie wieder ein Fernsehgerät an. Es ist die Maschine, mit der Ihr Gehirn gewaschen wird.“

„Aber Herr Büttel, was reden Sie da? Wenn Sie so weiter machen, wird man einen Grund finden, Sie zu erschießen.“
„Ja, so wird es wohl kommen, wenn ich mein Gesicht behalten will“, sagt er düster, nimmt mein Geld und geht davon.

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Aufmunternde Töne - Mein surrealer Alltag (19)

Es regnet in die Leine. Schon immer hat mich fasziniert, wenn es ins Wasser regnet, wenn Wasser sich selber empfängt, wenn die Wasseroberfläche unter den eintauchenden Regentropfen blubbert und wallt, wenn die Millionen und Abermillionen Tropfen das schwarz dahinströmende Wasser des Flusses zum Glitzern bringen, ein Meer herbeizaubern von silbrige aufblitzenden Punkten. Das unentwegte Aufspritzen, Sprudeln und Brausen hat etwas geheimnisvoll Wollüstiges.

Ich kann’s nicht mehr sehen, wende mich ab, verlasse die Dornröschenbrücke und gehe zurück in die Stadt. Bin zu betrübt, mich an der Natur zu erfreuen. Es macht mir glatt ein schlechtes Gewissen, wenn ich meinem Kummer nicht genug beachte. Trübe Gedanken, und auch noch Regen. Da lasse ich den Kopf hängen, weiß es aber erst, als ich unter einer Arkade den Mann mit dem Taschentuch bemerke. Kaum sehe ich ihn aus den Augenwinkeln, wie er sich untergestellt hat und ein großes Stofftaschentuch aus der Hose zieht, bin schon vorbei, da höre ich ihn hineintrompeten.

Bitte, wenn man betrübt ist, so richtig tief betrübt, du kennst das Gefühl, dann wünscht man sich, eine Lichtgestalt käme daher und würde ihre zarte Hand auf die von Gedanken erhitzte Stirn legen, sie kühlen und besänftigen. Es muss ja keine Himmelserscheinung sein. Ein gewöhnlicher Mensch könnte das tun. Aber meine Erfahrung sagt mir, wenn man just eine solche Lichtgestalt sich wünscht, wenn man sie wirklich gut gebrauchen könnte, dann kommt sie nicht, ist irgendwo anders beschäftigt.

Deshalb will ich mich nicht beklagen über den Mann mit dem Taschentuch. Er ist mehr, als ich erwarten kann. Wie er nämlich schon in meinem Rücken zweimal kräftig ins Taschentuch prustet, da hört sich das doch verdammt noch mal an wie: „Kopf hoch!“ Ich drehe mich um, in der Hoffnung, er hätte es gesagt, aber seine Nase steckt noch immer tief im Taschentuch.

Ein unerwartetes „Kopf hoch!“, denke ich, ist schon eine echte Aufmunterung. Aber muss es denn so hässlich tönen? Muss diese dankenswerte Aufmunterung ausgerechnet aus Rotz gemacht sein? Ich erwarte ja keine Engelsstimme, aber könnte das „Kopf hoch!“ nicht wenigstens aus dem Schallloch unter seiner Nase kommen? Da kann ich ja schon froh sein, dass die Aufmunterung nicht noch weiter unten ertönt und gemacht ist aus üblen, giftigen Dünsten. Aber selbst dann, wenn man richtig tief betrübt ist, muss man nehmen, was gerade im Angebot ist.

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Ich habe Füße gesehen – Mein surrealer Alltag (18)

Hannover, Maschseefest, Promenade am Nordufer. Unglaublicher Trubel. Von links und rechts schieben Menschen jeden Alters vorbei, in Paaren, Gruppen, Rotten, ganze Prozessionen, Publikum wie auf der Kirmes, nur etwas feiner. Es gibt nämlich nicht nur Kirmesfress- und Saufbuden, entlang der Promenade sind doppelstöckige Vergnügungstempel entstanden, zwei Gassen mit aufwendigen Metallkonstruktionen, rappelvoll mit standhaften Trinkern und Essern. Hier herrscht Partystimmung. Man hat die besten Freizeitsachen an und ist fest entschlossen, sich zu amüsieren. Zwischendrin kleine alkoholisierte Gruppen in gleichen T-Shirts mit launigen Aufschriften. Sie feiern Junggesellenabschied. Wen’s erwischt hat, leicht zu erkennen, denn die Eheaspiranten müssen originelle Kostüme tragen, und der Gipfel der Originalität, man biegt sich vor Lachen, sind Jungmänner in Frauenkleidern. Die Gruppe „Eheknast“ steht gleich am Eingang im Weg und belästigt Passanten mit albernen Bitten „für einen guten Zweck!“

Als Alltagsethnologe müsste ich mich eigentlich um diese wild grassierende Mode kümmern, aber ich hoffe fest darauf, dass andere das machen. Es ist nicht verlockend. Einmal sah ich im Bremer Hauptbahnhof eine solche Jungmännergruppe, und der zukünftige Ehemann war gehalten, sich ein Kondom über den Kopf zu ziehen, was ihm aber einfach nicht gelingen wollte. Er hat es immer und immer wieder versucht, hatte wohl einen 20er Pack Kondome. Ihm flogen die Kondomfetzen nur so um die Ohren. Vielleicht zu seinem Glück. Am Ende wäre er noch im 20. Kondom erstickt. Und wer macht dann Mund-zu-Mund-Beatmung?

Ich sitze mit vielen anderen auf der Kaimauer des Maschsees und schreibe was in mein Reporterblöckchen. Vor mir flanieren unzählige Menschen. Da stellt plötzlich ein dicklicher Mann seinen nackten, sandalenbewehrten Fuß direkt neben meinen Tabak und krempelt erst rechts, dann links seine Hose auf. Er lässt sich Zeit, so dass ich in den ausgiebigen Genuss der Nähe und Betrachtung seiner klobigen Füße komme. Trotzdem, als er endlich fertig gerüstet da steht, hat er es nicht gut gemacht. Während nämlich die Krempelung seines rechten Hosenbeins direkt unter seinem Knie endet, spannt die linke über seiner dicken Wade. Zudem ist zu tadeln, dass die helle Freizeithose links wie rechts nicht in sauberen Lagen gekrempelt ist, sondern unordentliche, wurstige Faltungen aufweist.

Noch einmal zurück. Ich sitze auf der Mauer, habe den Maschsee im Rücken, höre hinter mir die große Fontäne rauschen, vor mir zieht unglaublich viel Volk vorbei, und während ich das gerade aufschreiben will, fällt ein Schatten auf mich. Ein dicklicher Mann stellt neben mir seine Füße abwechselnd auf die Mauer und krempelt seine Hosenbeine hoch. Er nimmt sich Zeit, denkt im Traum nicht daran, ich oder auch nur irgendeiner könnte Anstoß daran nehmen, so hautnah mit seinen nackten Füßen konfrontiert zu sein, sondern verschafft sich wohlgemut ein wenig Kühlung seiner offenbar erhitzten Waden. Und wie er gerade mit dem rechten Hosenbein fertig zu sein glaubt, da fällt ein weiterer Schatten auf mich, etwas kleiner als zuvor, und verschmilzt mit seinem. Eine dickliche Frau ist in unseren Intimbereich eingetreten, im Zweifel seine „bessere Ehehälfte“. Sie redet was, er antwortet maulfaul, bis er auch mit dem linken Hosenbein abgerechnet hat. Dann wendet er sich um, geht vier Schritte weiter und stellt sich zu einem anderen Paar.

Derweil ich noch seine unordentliche Krempelung moniere, die ebensogut meine Sache gewesen ist wie seine, schließlich habe ich ein gutes Stück meiner Lebenszeit zusammen mit seinen Füßen verbracht, und sein Schnaufen habe ich noch immer im Ohr, während ich also mein ästhetisches Hosenaufkrempelgefühl beleidigt sehe, gibt seine Frau ihrem Fraternisierungsimpuls nach und stellt ebenfalls ihren rechten Fuß zu mir auf die Mauer, dann den linken, macht’s genau wie er, aber ein wenig fixer.

Wie sie sich aufrichtet und sich zu ihrem Mann begibt, da hat sie ihre Hosen deutlich sauberer gekrempelt, obwohl sie einen mächtigen Rucksack auf dem Rücken trägt, der geeignet wäre, sie nach hinten zu ziehen und ihr das Aufkrempeln schwer zu machen. Er ist etwa so groß und rund wie der Bauch ihres Mannes. Solche Ergänzung, solch wundersame Eintracht, solche Gleichheit im Verschiedensein habe ich lange nicht gesehen. Ist Maschseefest.

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Radfahren ohne Kette - Mein surrealer Alltag (17)

Vor Monaten bekam ich ein Fahrradschloss geschenkt, nicht so ein dünnes Kabel, auf das ein Fahrraddieb nur spucken würde, sondern eine schwere ummantelte Kette mit einem mächtigen Verschluss. Wenn der einrastet, dann für die Ewigkeit. Kette und Schloss könnten einen Elefanten tragen, aber das habe ich natürlich nicht ausprobiert. Mein Vermieter regt sich sowieso schon auf, dass der ganze Hof mit Fahrrädern zugestellt ist. Vermutlich bekäme er einen neuen Anfall, wenn ich auch noch einen Elefanten mittenrein hänge.

Manchmal dachte ich beim Radfahren, ich hätte ein dickes Kind auf dem Gepäckständer oder einen Kasten Bier. Aber da hing nur mein Fahrradschloss. Und die Leute erst, die haben, wenn ich vorbeifuhr, bestimmt gedacht, da kommt wieder der Mann auf dem Fahrrad, das wie ein mächtiges Fahrradschloss aussieht. Da hatte ich oft den Impuls zu sagen: He, Leute, was ihr seht, das ist nicht mein Fahrrad, sondern nur das Fahrradschloss. Das Fahrrad befindet sich darunter und ist von klassischer Bauart.

Man kann sich denken, dass ich dieses übermächtige Fahrradschloss nicht immer mitnehme. Manchmal will ich meine Freiheit und einigermaßen unbelastet sein. Glücklicherweise bekam ich einen beleuchteten Schlüssel für das Schloss und einen Ersatzschlüssel. Da habe ich es manchmal einfach im Hof angeschlossen, vielmehr den Hof an mein Schloss. Seither ist der Hof noch nie gestohlen worden, denn selbst ausgemachte Haus- und Hofdiebe würden vor dem Anblick meines Fahrradschlosses erblassen. Das könnte mein Hausbesitzer mir ruhig danken, statt sich über ein paar läppische Fahrräder aufzuregen.

Jedenfalls war ich gestern ohne mein schweres Schloss unterwegs. Und als ich an einem Supermarkt auf der Limmer Straße vorbeikam, dachte ich, wenn ich mal wieder essen soll, dann könnte ich hier einkaufen. Vor dem Eingang stand ein Berber und hielt der ein- und ausströmenden Kundschaft einen Plastikbecher hin. Ich stellte mein Fahrrad neben ihn und sagte: „Hallo, könnten Sie mal eine Weile auf mein Fahrrad aufpassen?“ Dabei legte ich ihm einen Euro in den Becher. „Aber ja“, sagte er. „Ich stelle mich direkt daneben!“ und stellte sich direkt daneben.

Nach dem Einkauf holte ich beim Bäcker vor den Kassen noch zwei Stück Kuchen in getrennten Tüten. Der Rheinländer kauft ja nichts, er holt es, bezahlt aber dafür. Draußen stand der Berber schützend vor meinem Fahrrad. Er hatte es parallel zum Schaufenster geparkt und sagte: „Ich habe Ihr Rad zur Seite gestellt. Ein Platz wurde frei, da habe ich es dahin gestellt.“
Ich dankte ihm, hielt die Tüten hoch und sagte: „Kirschstreusel oder Walnussplunder?“
„Ach, nein, danke“, sagte er. „Ich habe ja keine Zähne mehr und hab es nicht so mit Kuchen.“ Da gab ich ihm noch mal Geld, versäumte aber zu fragen, was er denn überhaupt noch essen kann. Vermutlich nur Suppe. Jedenfalls dachte ich, es ist gar nicht so einfach, jemandem eine Freude zu machen, wenn man nicht mal weiß, dass er keine Zähne mehr hat. Also, wenn Hilfe zu weit oben ansetzt und den anderen zu sehr festlegt, dann ist’s keine Hilfe. Er hat mir meine Ungeschicklichkeit aber nicht verübelt, sondern rief mir noch so was wie „Gehabt euch wohl!“ hinterher.

Zu Hause schloss ich den Hof an meinem Rad fest und war ziemlich froh, dass ich mal wieder ohne Schloss unterwegs gewesen war. Mitte August werde ich eine Lesereise von Hannover nach Aachen machen, ähnlich wie er hier. Headphones für unterwegs habe ich mir letztens schon geholt.

Trithemius liest aus pataphysischen Geheimpapieren

ist der Arbeitstitel. Für dieses Abenteuer hole ich mir ein neues Fahrrad. Mein altes ist ein bisschen müde von den vielen Anstrengungen und ruht dann in meinem Fahrradschloss so bequem und sicher wie in einer Hängematte.
Lesung im Tausch gegen Nachtquartier Vorankündigung in anderen Blogs:

Eugene Faust: Blogger zwischen Hannover und Aachen aufgepasst!
Heinrich: Wer mit dem Teppich fliegt, braucht kein Kettenschloss
videbitis: Aushang rechts neben der U-Bahnstation am Neumarkt
Einhard: Wichtiger Hinweis - "Was zum Henker ist pataphysisch?"
...
Vielen Dank,
Trithemius

Mehr über den Leseort Kerstensche Pavillon
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Was am Feuer beredet und bei Tag erfasst wurde - Mein surrealer Alltag (16)


Wie das
zuging, weiß ich nicht. Wie konnten meine Truppen derart aufgerieben werden? Wieso brach die Nacht so rasch über sie herein, so dass sie in der Finsternis umhertappten und versprengt wurden? Für den Augenblick habe ich einen Ort der Sammlung gefunden. Hier glimmt ein Herdfeuer. Das Holz ist nass und will nicht recht brennen, aber es findet sich mehr als ich erhofft hatte. Mit und mit treffen Truppenteile ein. Die Leute sind im schlechten Zustand. Ihr Stolz ist gebrochen. Stumm hocken sie sich ans Feuer und besehen ihre Wunden.

Die Unterführer sitzen abseits, und ich höre, wie sie leise gegen mich murren, gegen mich, ihren Hauptmann. Wie konnte er uns in diesen Einsatz schicken, fragen sie, wo doch selbst wir Unterführer wussten, dass er kaum zu gewinnen war. Wir waren tapfer und stark, wir hatten das Land beinah befriedet und bauten auf, was zuvor am Boden lag. Aber es mangelte an allem, und dieser Mangel hat uns eine offene Flanke beschert. Sie war nicht zu sichern, und wir wussten, dass dieser Leichtsinn bestraft werden würde.

Sie haben Recht, meine Unterführer. Mir ist es nicht gelungen, die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Aber ich dachte, noch Zeit zu haben und bemühte mich, bis die Natur sich mit einer Gewalt gegen uns wandte, wie ich sie kaum zuvor erlebt habe. Es ist wahr, die Nacht kündigte sich an. Doch dann war’s kein Gleiten mehr, sondern ein Sprung gewesen. Grad konnten wir einander noch sehen, grad zuvor sahen wir uns im milden Licht der untergehenden Sonne, aber dann war urplötzlich totale Finsternis. Und Aufruhr und Verwirrung und blindes Umhertappen. Dann, nach dem ersten Schock die verzagten Rufe. Gar schrecklich hallten sie durch die Finsternis, begleitet von großem Wehklagen aus dem Dickicht von Hader und Verzweiflung, Not und Elend.

Nicht, dass er seine Unerfahrenheit ins Feld führen könnte, sagen die Unterführer. Er wusste es, denn hat er uns nicht zuvor versammelt und uns die Schwere des Einsatzes vor Augen geführt? Dass der Nachschub nicht gesichert wär, hat er uns gesagt. Und dass die Sache überhaupt nur zu machen wäre, wenn fremde Hilfe käme. Trotzdem sandte er keine Boten aus, sondern stand nur am Waldrand, den Fuß auf einem Stein und schaute wartend in die Ferne.

„Uns Pioniere hat er völlig alleine gelassen! Er nannte nur ein ungefähres Ziel, gab aber nicht an, wo Wege, Straßen und Brücken hin müssten. Doch das ist kein Wunder, denn er hatte nur einen ungenauen Plan von dem Land, in das er uns geführt hat.“

„Uns von der Versorgung hat er niemals gesagt, dass wir gut haushalten müssen, dass wir nur Verpflegung für wenige Tage hätten. Er war wohl anderweitig beschäftigt, vermutlich mit sich.“

Das finde ich unverschämt von meinem Versorgungsfeldwebel. Selbst wenn er Recht hätte, aber das zu sagen steht ihm nicht zu. In meiner Welt gilt ein anderes Gesetz. Wenn das Ziel gut ist, stellen sich auch die Mittel ein. Das dauerhafte Fehlen der Mittel ist ein Argument gegen das Ziel. Wie kann ich Boten aussenden, wenn ich diesem Ratschluss unterliege? Soll ich sie verschleißen, wenn auch ihre Hilfe nicht reicht? Wir wollen den Morgen abwarten und den Schaden in Ruhe betrachten. Ja, in der Nacht hat sich alles in sich zurückgezogen und war allein mit seinem Schmerz, allein in seinem Schlaf. Doch unter der hellen Sonne, da sieht die Welt wieder anders aus. Da reckt sich alles, was in der Nacht am Boden lag. Man staunt und schaut sich um und stellt mit großer Erleichterung fest, das Leben geht weiter, und alles entfaltet sich auf’s neu. Aber es ist etwas anders als am Tag zuvor. Alles, was sich regt, das ist auch ein bisschen gewachsen.

Die Unterführer horchen auf. „Ei, das ist ja eine feine Philosophie!“, ruft der Versorgungsfeldwebel und spuckt ins Feuer. „Dann braucht der Herr sich nur hinzusetzen und sich was zu wünschen, schon kommen ihm die gebratenen Tauben in den Mund geflogen. Und kommen sie nicht, dann ist’s halt Schicksal, göttlicher Plan oder so’n Zeug. Dann wird der Herr Hauptmann eben verhungern und uns gute Leute gleich mit verderben.“

„Das ist gut gesagt, Feldwebel, aber tifft nicht den Kern. Ich weiß sehr wohl, dass man sich regen muss und sich placken. Aber es rege und placke sich jeder nur in dem Geschäft, indem er eine goldene Hand hat. Wenn nach den Gesetzen der Plausibilität ein Einsatz nicht zum Erfolg führen kann, dann darf man nicht noch fremde Truppen mit hineinziehen. Aber auf sich selbst hoffen, darf man wohl. Und das habe ich getan. Ich bin Pataphysiker und ihr seid es auch. Also schickt euch darein. Wir sind die Hüter und Beschützer des Einzelfalls und machen unsere Sache gut, egal wie schlecht die Verhältnisse sind.“

Da waren sie erstmal still. Aber das lag nicht allein an meinen Worten. Die waren nur Hintergrundmusik. Sie waren still und schöpften Hoffnung, denn die Sonne ging plötzlich auf.
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Die Komiker streiken - Mein surrealer Alltag (15)


Der Impuls, etwas
Lustiges zu schreiben, flog mich an, gerade eben. Ausgerechnet jetzt? Das erstaunt mich ein wenig. Aber gut, sage ich hoffnungsfroh, was ist denn Lustiges im Angebot?

Nichts, absolute Leere. Die lustigen Ideen wenden mir den Rücken zu, haben die Hände in den Hosentaschen und pfeifen sich eins, gucken die Katze aus dem Baum und ulken: „Keinen gesehen!“ Albernes Pack! Einer scheint mich zu bedauern, wie ich da von allen geschnitten werde, wendet sich um und sagt: „Ich könnte einen Witz erzählen.“ Aber zum Glück fiel ihm dann doch keiner ein.

Man könnte jetzt sagen, demnach wäre meine Suche nach Humor gescheitert. Das freilich bestreite ich entschieden.

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Mein surrealer Alltag (14) Blaues Auge, Himmelstern

Seit zwei Tagen laufe ich mit einem blauen Auge durch die Gegend. Als ich vorgestern Morgen in den Spiegel schaute, war es einfach da. Seither beäuge ich mich misstrauisch, denn dieses nächtliche Eigenleben ist mir suspekt. Ich hatte in der Nacht am Dachfirst eines unwägbar hohen Hauses gehangen, mich mit beiden Händen festgehalten, obwohl das unmöglich schien. Der First war nämlich so breit, dass man darauf bequem hätte balancieren können, und er hatte auch keine Kante, um die ich meine Finger krampfen konnte, sondern war abgerundet. Links neben mir lag ein englischer Kleinadliger auf dem Bauch, und anders als ich konnte er sich gelegentlich mit den Füßen auf der Dachrinne abstützen. Sie hing aber schon ein bisschen lose in der Halterung.

Auf dem Dach
Während ich leise fürchtete, jeden Moment loslassen zu müssen und in die Tiefe zu stürzen, war der englische Kleinadlige guter Dinge. Er blies mir sauber geformte Rauchringe ins Gesicht, indem er mit dem Zeigefinger der freien Hand auf seine linke Wange klopfte. Die Rauchringe kamen aber nicht aus seinem grinsenden Maul, sondern aus der rechten Wange. Mir war klar, dass es sich um einen Taschenspielertrick handelte, aber ich kam nicht dahinter, wie der Kerl das gemacht hat. Vor allem frage ich mich eines: Wenn er mit der Linken auf seine Wange klopfte, mit der Rechten am Dachfirst klammerte, wie hat er mir ein blaues Auge gehauen und vor allem, warum?
Ob das Lexikon der Traumsymbole hilft?

Englisch - sprechen: Glück in Geschäften,
aber Pech in der Liebe
.
Gut, wir haben nichts gesagt.
- ein Buch in dieser Sprache lesen:
man wird sich langweilen.

Ging sowieso nicht, ich hatte keine Hand frei.
Kleinadel steht nicht drin, aber ...
Adel - mit Adelspersonen sprechen:
ein gestecktes Ziel wird nicht erreicht.

Selbstverständlich. Man muss nicht mal was sagen,
schon hat man ein blaues Auge.
Dach - besteigen: Man wird sich in Gefahr begeben.
Wer hätte das gedacht.
- auf einem stehen: hohe Ehre
Mist, ich hab gehangen.
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